Richard Wagner hätte es nicht besser inszenieren können, aber was sich in Frankreich abspielt, ist leider keine Oper, erinnert aber an ein Bühnenstück. Den ersten und zweiten Akt der Tetralogie um das französische Drama haben wir gerade erlebt. Für Europa zeichnet sich ein Desaster ab.
Frankreich wird durch mehrere Erdbeben erschüttert. Der Front National kann nach seinem Sieg bei den Europa - Wahlen vor Kraft kaum mehr laufen und fordert die Auflösung des Parlamentes. Marine Le Pen sieht sich schon als nächste Präsidentin Frankreichs und kündigt für diesen Fall ein Referendum an, in dem die Franzosen den Ausstieg aus der EU beschliessen sollen.
Sie hat keine allzu schlechten Karten, denn die Sozialisten sind in der Gunst der Wähler auf 13% geschrumpft und die UMP des Nicolas Sarkozy befindet sich nach einem unglaublichen Skandal im Zustand der Implosion. Was war geschehen? Der Rechnungshof hatte festgestellt, dass Nicolas Sarkozy bei den letzten Präsidentschaftswahlen sein Budget bei der Staatskasse um 11 Millionen Euro überzogen hatte.
Also veranstaltete der Parteivorsitzende Copé eine grosse Kollekte bei den Mitgliedern und verkündete schon nach kurzer Zeit, dass die Parteimitglieder dieses Defizit durch aufopfernde Spenden ausgeglichen hätten.
Eine glatte Lüge. Richtig ist, dass das Kommunikations - Unternehmen Bygmalion getürkte Rechnungen von 10 Millionen Euro an die UMP - Parteikasse bezahlte. François Copé ist gestern zurückgetreten.
Die Staatsanwaltschaft hat bereits die Parteizentrale durchsucht! Die UMP ist führungslos und wird bis zum Parteitag im Oktober von einem Triumphirat aus Juppé, Raffarin und Fillon verwaltet. Da hat der Front National leichtes Spiel. Die Franzosen sind diese etablierten Parteien satt.
Und die Verhandlungen um die Vergabe des Postens des neuen Chefs der EU-Kommission zeigen, dass die Domina aus Berlin das Sagen hat, auch darüber kommt in Frankreich keine Freude auf.
Der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn hat das Ergebnis des Brüsseler EU-Gipfels als "ernüchternd bis erbärmlich" bezeichnet. "Es wird auf Zeit gespielt, es wird auf Müdigkeit gespielt, mit dem Ziel, das zu erreichen, was eigentlich im Kopf von Cameron und einigen anderen ist." Wer sind den die einigen anderen?
Noch am Sonntag war die Lesart eine ganz andere: Da hieß es noch, wer die meisten Sitze im neuen EU Parlament gewonnen hat, stellt den Präsidenten der EU-Kommission und das ist Jean-Claude Juncker.
Erstaunt müssen wir jetzt feststellen, dass der Wähler mal wieder hinters Licht geführt wurde. Jetzt hat der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident bei der Europawahl gewonnen und 23 Parlamentssitze mehr als der Sozialist, Martin Schulz (SPD) - aber Pustekuchen für die Wähler. Wir haben ja geschrieben "Da hätten die Wähler ja alle gleich zu Hause bleiben können".
Es wird jetzt auf Zeit gespielt. Und so hat man erst einmal alles auf den 27. Juni 2014 verschoben und da haben wir ja die Fußball Weltmeisterschaft, wie der EU-Kommissions Präsident dann heißt ist Kalter Kaffee. Fest steht, dass die unterlegenen Sozialisten ihren Wahlverlierer Martin Schulz, Europas Ober-Sozialisten, der zwar nicht mit politischem Können aufwarten kann, dafür aber mit dicken Sprüchen ("Ich schwitze den Machtanspruch aus jeder Pore"), weiter durchdrücken wollen.
Dem Präsidenten des EU-Parlaments wird Eigenliebe, Machtgehabe und Wichtigtuerei unterstellt. Der Focus schrieb dazu: "Größer als sein Dominanzgehabe ist wohl nur noch seine Eitelkeit".
Rainer Kahni, besser bekannt als Monsieur Rainer, ist Journalist und Autor von Polit - und Justizthrillern. Er ist am Bodensee aufgewachsen, lebt jedoch seit vielen Jahren in Paris und bei Nizza. Seine Muttersprache ist deutsch, seine Umgangssprache ist französisch. Er ist Mitglied von Reporters sans frontières und berichtet für Print - Radio - und TV - Medien aus Krisengebieten.
Gottfried Böhmer ist seit 1997 künstlerischer Direktor der Gesellschaft Freunde der Künste und Redaktionsleiter der GFDK.
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