29.04.2019 Textschönung und-Streichung

Klarer Betrug am Leser - Brauchen wir eine Art "journalistisches Manifest"

von: Gottfried Böhmer, Michaela Boland

Wie unabhängig können Medien berichten? Wie arbeiten Redaktionen und Korrespondentinnen und Korrespondenten, um fundiert und ausgewogen zu informieren? Zum Tag der Pressefreiheit am Freitag, 3. Mai, setzt der NDR in seinen Programmen einen Themenschwerpunkt. Na ja, dazu haben wir auch einiges zu sagen.

„Die größten Versager, das sind heute die Medien“ – Roger Köppel, Chefredakteur der „Weltwoche” und Abgeordneter der Schweizer Volkspartei. Seit beginn der Ukraine-Krise 2013 und der damit verbundenen Berichterstattung über Russland und Putin kommen immer mehr Zweifel auf ob der Journalismus und die Medien noch Glaubwürdig sind.

Nach der schon fast schon ketzerischen Berichterstattung über Grischenland und der Euro-Krise, und zuletzt der bis heute anhaltende Mediale Krieg gegen Donald Trump, haben sich die Zweifel der Leser an der neutralität der Medien noch einmal deutlich erhöht.

Der Spiegel verlor jedes Maß

Der "Spiegel" Chefredakteur Klaus Brinkbäumer schrieb unlängst „Der US-Präsident wird zur Gefahr – Deutschland muss den Widerstand vorbereiten.“ und weiter: „Deutsch­land wird sich ge­gen den 45. Prä­si­den­ten der USA und des­sen Re­gie­rung stel­len müs­sen.“

Trump sei die Inkarnation des Bösen

Über Trump sagt der Spiegel-Chef: „Der Präsident der USA ist ein pa­tho­lo­gi­scher Lüg­ner. Der Prä­si­dent der USA ist ein Ras­sist. So re­de­te Nero, Kai­ser und Zer­stö­rer Roms; so den­ken Ty­ran­nen.“ Brinkbäumer sieht sich und den "Spiegel" als Partei, die den Kampf gegen Trump aufnimmt, und er hat die  US-Medien als Verbündete.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille, es gibt noch eine weitere:

Ein Rückblick ins Jahr 2013

Am 21. September 2013 haben wir uns mit diesem Thema beschäftigt: Der Eröffnung von weitgehenden Möglichkeiten des Missbrauchs durch die sogenannte "Autorisierung" von Interviews durch die befragten Gesprächspartner tritt die Gesellschaft Freunde der Künste, Gottfried Böhmer und Michaela Boland entschieden entgegen.

In aufgezwungener grenzüberschreitender Textschönung und-Streichung oder nachträglicher Umstrukturierung des ursprünglich Gesagten durch den Interviewpartner oder dessen Umfeld sehen wir klaren Betrug am Leser.

Hierbei wollen wir nicht mitmachen. Aus gegebenem Anlass stellen wir unseren Grundsatz daher nochmals deutlich klar: Die Freigabe von Zitaten stellt eine freiwillige Vereinbarung zwischen den Gesprächspartnern dar. Wir lehnen dies freiwillig und grundsätzlich ab.

Dass prominente Persönlichkeiten, die oftmals Vorbilder sein wollen, in den Medien gerne gut da stehen möchten, ist nachvollziehbar. Daher erhalten sie die Möglichkeit, sich in offiziell und formal korrekt angefragten Interviews ebenso darzustellen.

Betrug am journalistischen Selbstverständnis, Verlage knicken ein

Abgesehen vom Verlust der Spontanität, kann jedoch auch keinerlei Authentizität eines journalistischen Gesprächs mehr gewährleistet sein, sofern der Interviewpartner in unlimitierter Willkür nachträglich den Rotstift anszusetzen wünscht.

Dieses offenbar typisch deutsche Phänomen der vollen Kontrolle über die niedergeschriebene Widergabe eines Gesprächs in Frage-Antwort-Form durch den Interviewten, stellt nichts anderes als Zensur dar.

Medienanwälte üben Druck auf die Journalisten aus

Und diese sollten wir gerade in unserem Lande doch seit einiger Zeit hinter uns gelassen haben. Dass das gesprochene Wort hin und wieder unlesbar, da von "Ähs" und "Öhs", Floskeln, Wiederholungen, nicht zu Ende gedachten Sätzen oder Endlosphrasen durchsetzt sein kann, ist nur natürlich, jedoch für professionelle Journalisten eine behebbare Angelegenheit.

Im Rahmen des journalistischen Ehrenkodex muss sichergestellt sein, dass von Seiten des Interviewers keine Unwahrheiten oder aus dem Zusammenhang genommene Aussagen in einer Weise widergegeben werden, die den Gesprächspartner wissentlich und willentlich diskreditieren.

Interviews werden zur Farce, sie suggerieren Authentizität, sind aber oft Betrug am Leser

Bei Zuwiderhandeln eines Journalisten bleibt einem potentiell Geschädigten aber immer die Gegendarstellung oder Klage. Außerdem sucht sich der Interviewte aus, mit welchem Medium er spricht.

Zu vorbehaltlos getätigten Aussagen während eines offiziell als Interview gekennzeichneten Gesprächs jedoch, sollte der Befragte stehen. Wer lediglich an einer geschönten PR-Story interessiert ist, möge gerne einen PR-Profi engagieren und bezahlen.

Textschönung und-Streichung

Im direkten Vergleich zu Talkshows, in denen Prominente oftmals plaudern als ob es kein Morgen gäbe, schneidet die Print und Online-Welt scheinbar derzeit inkonsequenterweise deutlich rechteeingeschränkter ab, und das, obwohl es keine direkte gesetzliche Grundlage dafür gibt:

Würde jeder Talkshowgast grundsätzlich zunächst eine Sichtung und "Freigabe" des Aufgezeichneten verlangen dürfen, wäre das Format an sich gewiss längst tot.

Wortlautinterviews werden immer seltener

Ganz zu schweigen von Live-Sendungen, in denen Interviews vorgesehen sind, und welche dann gänzlich verboten werden müssten. Der Gesellschaft Freunde der Künste spricht die New York Times, die  nachträglich keine Zitate von Gesprächspartnern autorisieren lässt, insoweit aus dem Herzen.

Womöglich ist mittlerweile eine Art "journalistisches Manifest" vonnöten, in welchem es heißen könnte, "Journalisten aller (Bundes)länder vereinigt euch". Niemand ist gezwungen uns ein Interview zu geben, doch glücklicherweise sind wir auch nicht gezwungen, es mit jemandem zu führen.

Beispiel dafür, wo der Freigabe -Wahnsinn hinführen kann:

Keine journalistische Form sei in den letzten Jahren so verludert wie das Interview, warnte die damalige »taz«-Chefredakteurin Bascha Mika schon 2002.

Kampf den immer unverfroreneren Möchtegernfreigebern

Gottfried Böhmer und Michaela Boland

PS: Cord Schnibben (Spiegel 10.09.2013) fragte seine Leser wie ernst sie den Journlismus nehmen. Über das Ergebnis war er aber erstaunt, wir nicht.


"Schreiben voneinander ab, linke Zensoren, intellektueller Abwärtstrend, devote Hofberichterstattung, PR-Maschine, schlecht recherchiert, nur noch Agenturmeldungen kopiert, schlechtes Deutsch, solche Beschwerden zogen sich durch viele Leserkommentare."

Man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich, im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.

"Johann Wolfgang Goethe"

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