Bundesministerin Claudia Schmied und Joanneums-Intendant Peter Pakesch ueberreichen den Goldenen Löwen von Venedig an Maria Lassnig Foto: Julian Scharpf/HBF
Maria Lassing im Lehnbachhaus, Foto: GFDK
"Ich habe die Jahre nie gezählt. Ich war nie jung. Und bin jetzt nicht alt"
"Den Tod habe ich abgelehnt und fand es eine wahnsinnige Verschwendung, dass das Leben plötzlich aus ist. Warum das Lebensende am Höhepunkt? Aber jetzt sehe ich, dass man sich von der Welt langsam entfernt. Eigentlich stelle ich mir meinen Tod sehr sanft vor." Sagte Maria Lassnig vor einem Jahr in einem Interview mit dem "Standard".
Seit 2009 haben die Freunde der Künste die Ausstellungen von Maria Lassnig ehrwürdig begleitet. Wir waren von Maria Lassnigs Lebensfreude und ihrem Mut immer begeistert. Ganz besonders hat uns das künstlerische Werk, das in sieben Jahrzehnten entstanden ist, beeindruckt.
Am 6. Mai 2014 ist die zu den wichtigsten Kunstschaffenden weltweit bekannte Künstlerin Maria Lassnig mit 94 Jahren in Wien verstorben. Geboren wurde Maria Lassnig 1919 im kärntnerischen Kappel. Mit 22 Jahren wurde die junge Frau an der Wiener Akademie der bildenden Künste aufgenommen, was zu jener Zeit eher selten vorkam.
Das Kunststudium mußte sie 1943 abbrechen, da die Nationalsozialisten wenig Verständnis für ihre Kunst aufbrachten. Maria ging nach Paris und anschließend nach New York, wo sie bis zu ihrem 60 Lebensjahr blieb. 60-jährig und in einem Alter, wo andere schon an die Rente denken, kehrte Maria Lassnig nach Wien zurück, um an der Hochschule für angewandte Kunst eine Professur zu übernehmen.
Das nackte Landmädchen auf einem Motorrad, ein dürres Liebespaar oder ein Sportler mit Bierbauch, Maria Lassnig zeigte die Menschen nicht besonders schön, aber mit viel Ironie und nie humorlos. Ein viereinhalb Meter breites Gemälde mit einem selbstbewussten auftrumpfenden Mann und einer sich verschämt wegduckenden Braut, sorgte 2010 in der Münchener Ausstellung im Lenbachhaus für reichlich Diskussionsstoff.
"Nicht die Ästhetik eines abstrakten Schönheitsideals stand im Mittelpunkt ihrer Kunst, sondern die Existenz in ihrer Wahrhaftigkeit", sagte Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer am Dienstag. Mit Lassnig verliere Österreich eine der prägendsten Künstlerinnen. Sie habe es wie keine andere Künstlerin verstanden, die Ge- und Zerbrechlichkeit des Menschen und der menschlichen Existenz darzustellen. Der Direktor der Albertina in Wien, Klaus Albrecht Schröder, bezeichnete Lassnig als „Bahnbrecherin der Body Awareness Art“.
"Man hat mich so lange unterbewertet, dass ich die jetzige Bewertung gar nicht bewerten kann."
Lange, sehr lange hatte Lassnig auf künstlerische Anerkennung warten müssen – wohl auch, weil sie keine angepasste Netzwerkerin war und Anbiederei an die Mächtigen des Kunstmarktes strikt ablehnte. Nein, die Kunst des Schmeichelns beherrschte Maria Lassnig nicht. Sie war widerborstig, schroff. Folglich: Kein Senkrechtstart, sondern ein schwieriges, entbehrungsreiches Künstlerdasein schrieb der Standard.
"Ich werde auch nach dem Tod noch lange nicht so gewürdigt sein, wie ich es sollte. Das klingt hochmütig. Aber es ist so - dass man meine Kunst nicht in dem Maße würdigt, wie ich es verdiene", sagte sie.
Zuletzt setzte sie sich intensiv mit ihrem Alter auseinander, etwa im Gemälde Hospital, das bettlägerige Senioren im Krankenhaus zeigt. "Die Form, mit der sie mit Körper und Raum umging, war ziemlich einzigartig", sagte der Leiter des Grazer Universalmuseums Joanneum, Peter Pakesch, dessen Museum in enger Verbindung zu der Künstlerin stand.
Der Erfolg kam erst nach der Professur in Wien.
1998 erhielt sie den Oskar-Kokoschka-Preis der Österreichischen Regierung.
2002 den Roswitha Haftmann-Preis
2004 den Max- Beckmann-Preis
2003 vertrat sie Österreich in Peking bei der Kunstbiennale
Zu ihrem 90 Geburtstag wurde sie mit einer Retrospektive im Museum Moderner Kunst in Wien geehrt.
2013 Goldener Löwe der Biennale Venedig für ihr Lebenswerk.
„Die Auszeichnung ist eine tolle Würdigung ihres Schaffens, mit dem sie die Kunst seit über sieben Jahrzehnten prägt“, so Peter Pakesch der Maria Lassnig den Löwen überreichte. „In all der Zeit musste sie viele Entbehrungen in Kauf nehmen, sich erklären und immer wieder aufs neue Akzeptanz verschaffen. Der Goldene Löwe ist in dieser Hinsicht nicht nur eine große Auszeichnung für eine große Künstlerin, sondern steht vielleicht auch als Symbol für ihren beispielhaften und letztendlich erfolgreichen Kampf um einen Platz im Olymp der Kunst.“
Gottfried Böhmer ist seit 1997 künstlerischer Direktor der Gesellschaft Freunde der Künste und Redaktionsleiter der GFDK.
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