Erzählt uns der Mops die besseren Geschichten und geht er gerne auf reisen? Alle Fotos. (c) GFDK
Tolle Handtasche, ist da was drin für mich?
Wann geht es los auf die Weltreise fragt sich Adele.
Hier bekommt man mich nicht mehr raus, ich war zuerst im Bett.
Und hier bleibe ich auch. Ein neues Bett könnte aber nicht schaden.
Frauchen sagt ja immer ein gesunder Schlaf sei wichtig.
Ausgeschlafen, jetzt kann es losgehen mit der Reise und die schönen Taschen nehme ich mit.
Jeden Tag wird eine neue Sau durch das digitale Dorf gejagt. Egal, wo man in Köln stand, überall wurde von der digitalen Transformation gesprochen. Leider konnten die wenigsten es erklären. Das Blub Blub von Martin Sorell (WPP) konnte man sich auch sparen.
Die bösen Ad Blocker wurden weiter verteufelt und ansonsten herrschte eine große RATLOSIGKEIT. Neue Content Strategien? Fehlanzeige. Einige Vermarkter, denen die Banner um die Ohren fliegen, kamen mit der Schnappsidee von automatisiertem Content. Nach dem Motto, die User mögen keine automatisierten Banner, dann lifern wir eben automatisierten Content. Was für eine Logik.
Auf der Content Marketing World in Cleveland Anfang September wurde über Content Marketing nicht mehr darüber gesprochen OB, sondern WIE. Und über das "WIE" könnte ich noch heftig streiten. Die Schlüsselfrage liegt nach meiner Meinung in guten Geschichten, die man fortschreiben muß, um neugierig zu machen. Der Mensch ist von Natur aus neugierig.
Der Kunde erwartet heute eine nahtlose Multi-Channel-Kommunication heißt es und nicht mehr die Marke, das Erlebnis sei gefragt. Soll wohl heißen, der Kunde ist dem Erlebnis treu, aber nicht der Marke. Sie verkaufen also keine Hemden, sie verkaufen den Hemdträger, wie er sich mit dem Hemd fühlt, wie seine Freunde, seine Frau und Kollegen darauf reagieren und was er dabei erlebt.
Haben sich die Marketer einmal die Frage gestellt, warum amerikanische Serien im Deutschen TV so erfolgreich sind? Die Leute warten gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte, und so muß auch Content Marketing aufgebaut werden. Dafür muß man mehr Geld in die Hand nehmen.
Dazu schrieb Matthias Schrader, Gründer und CEO der Hamburger Digitalagentur Sinner Schrader auf W&V: "Ein grober Richtwert sind zehn Prozent vom Mediavolumen; und Jahresbudgets im sechsstelligen Bereich sind ein knappes Höschen." Den sehr informativen Artikel sollten sie Hier Lesen.
Eine einmalige Artikelplatzierung auf einer Webseite reicht niemals aus um den User für ein Produkt oder Unternehmen zu begeistern. Nur wer seine Geschichte permanent fortschreibt, kann auf einen langfristigen Erfolg setzen. Erfolgsgeschichten von Unternehmen, Firmlenkern und Mitarbeitern sollten auch dazu gehören.
Nur mal ein Beispiel: Sie wollen eine neue Handtaschen-Collektion bewerben. Schicken sie in ihrer Geschichte eine Frau mit dieser Handtasche auf eine kleine Weltreise, und lassen sie die Frau erzählen, was sie mit ihrer Tasche in London, Paris, New York, Singapur und sogar in Wolfenbüttel alles erlebt hat. Das ganze können sie auch mit einer Schuhmarke machen. Und lassen sie die Frau mit einem süssen Mops verreisen. Das bringt noch mehr glückliche User die ihrer Geschichte gerne folgen.
In der letzten Zeit haben wir einige Artikel über Betten publiziert. Ein guter und gesunder Schlaf ist ja sehr wichtig. Leider hat niemand die Frage gestellt, warum der Mops immer als erster drin liegt. Darüber ließen sich auch tolle und lustige Geschichten schreiben und der Betten Anbieter würde viel Sympathie bekommen und so verkaufen sich die Betten eben besser.
Die besten Geschichten schreibt das Leben, und da muß man ganz nahe dran sein. Geschichten müssen spannend, informativ und unterhaltsam geschrieben werden. Man könnte auch von einem Wettbewerb der Worte sprechen. Erzählweise und Dramaturgie bestimmen den Erfolg von Storytelling.
Laut dem US-amerikanischen Linguisten Lakoff ist Storytelling sogar der einzig funktionierende Weg, die tatsächlichen Mechanismen des Denkens zu benutzen – Weltsichten, Frames, Metaphern, Emotionen, Bilder oder persönliche Geschichten. Dabei ist Storytelling nichts neues.
Kommunikationsstrategien werden schon lange in der Politik und Wirtschaft, leider auch beim Militär mehr und mehr eingesetzt. Beim Militär kann man getrost von "Kommunikationswaffen" sprechen die von Spin Doktoren, (DIE Herren genießen einen sehr zweifelhaften Ruf) Lobbyisten und PR-Profis eingesetzt werden. Anders als im Marketing werden hier keine tollen und schönen Geschichten unter die Leute gebracht, hier geht es um Manipulation und Lenkung der öffentlichen Meinung.
Mittlerweile ist sogar der Journalismus vom Storytelling kontaminiert. Der Journalismus hat, so das Selbstbild, die Aufgabe sich an Fakten zu halten und eben keine Geschichten zu erzählen. Erzählen statt berichten sollte nicht das Credo, die Devise von Journalismus sein.
Es gibt zudem einen feinen Unterschied. Meine beste Content Strategie taugt nichts, wenn das Produkt, das Unternehmen etc nicht das hergibt, was ich in meiner Botschaft verkaufen möchte. Von daher ist guter Content heute schon teilweise besser und informativer als das, was uns Journalisten täglich servieren.
Denken sie nur einmal an VW und die Deutsche Bank. Seit Monaten werden die Unternehmen in den Medien von negativen Berichten regelrecht kaputt geschrieben. Dabei gäbe es sehr viele gute Geschichten über diese Unternehmen zu erzählen. Es müsste jetzt nur einer damit anfangen. Die Fehler des Managements in der jüngeren Vergangenheit sollten nicht die gesamte Erfolgsstory der Firmen negieren. Hier ist gutes Content Management dringender den je.
Gerade kommt noch eine Meldung rein, die meine These unterstützt: Der "Kontakter" meldet am 30. September "Unilever baut eigene Inhouse-Content-Studios auf. Mit dem Schritt soll der Hunger der Kunden nach unterhaltsamen und nutzwertigen Inhalten von den Unilever-Marken besser gestillt werden, meldet The Drum."
In Deutschland herrscht noch im Gegensatz zu den USA, wo Native Advertising als "Einstiegsdroge" für Content Marketing gesehen wird, Nachholbedarf. Lukas Kircher, einer der Chefs der CM-Agentur C3 hat es zumindest so berichtet. Das Stichwort heißt: Storytelling. "Es ist an der Zeit, die Perspektive zu wechseln und das Augenmerk auf den Content zu richten, in den ein Produkt eingebettet wird."
Einer Studie von Radium One zufolge belegt, dass mehr als drei Viertel aller digital geteilten Inhalte für die Marketer unsichtbar bleiben. Also nicht messbar sind, wie W&V berichtete. Demnach verliert sich die Spur der User, die zuvor noch über Klick-Ketten verfolgt weden konnten in den sozialen Kanälen zusehens. Der Geschäftsführer der Online-Marketing-Agentur Netzeffekt, Bernd Stieber hat dazu ausführlich Stellung bezogen.
Agenturgründer, Publizist, Speaker: Thomas Koch, auch als "Mr. Media" bekannt, hat es auf den Punkt gebracht:
"Es sind ungemein schwierige Zeiten. Diese Digitalisierung disruptiert alles, aber auch wirklich alles. Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Und keiner weiß, wo’s lang geht. Die Medien nicht, die Agenturen nicht, die Kunden nicht.
Die Kunden tun einem am meisten leid, denn sie müssen das ganze Durcheinander bezahlen und die Suppe am Ende auslöffeln. Auf der Dmexco irrten sie von Stand zu Stand und wurden dabei immer ratloser. Manchem wurde vor lauter Buzzwords einfach nur schwindelig."
Jean-Remy von Matt, Co-Gründer der Hamburger Agentur Jung von Matt, beklagte sich, oder sollte ich sagen jammerte im "Handelsblatt-Magazin" über die Werbebranche. "Der Wettbewerbsdruck habe die Branche willfährig gemacht, so dass wir oft nicht mehr beraten, sondern nur noch liefern. Werbung sei "intransparenter denn je. Zum Beispiel mit Content-Marketing, Native Advertising oder Branded Entertainment, was im Ergebnis alles Schleichwerbung sei."
Jean-Remy von Matt attestiert seiner Branche zudem "einen gigantischen Selbstbetrug", wenn es um sogenannte virale Werbung geht, die sich nur noch durch die Konsumenten und die sozialen Netzwerke verbreiten soll: "Der Lockruf würde lauten: Reichweite ohne Mediakosten", höhnte der Top-Kreative.
Vielleicht ist es nur so, dass Herr von Matt die gigantischen Umbrüche der vergangenen fünf Jahre einfach nur verpasst hat und die, das sei ihm gesagt, sind erst der Anfang. Neues Ungemach droht von einer Seite mit der er, wie auch die Agenturen nicht gerechnet haben.
Fortsetzung folgt.
Ich wünsche den Vermarktern und Agenturen ein gutes Gelingen bei der Content Erstellung.
Gottfried Böhmer
Gottfried Böhmer ist seit 1997 künstlerischer Direktor der Gesellschaft Freunde der Künste und Redaktionsleiter der GFDK.
GFDK ist ein unabhängiges Nachrichtenportal mit einer etwas anderen Sichtweise auf das Weltgeschehen.
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