16.01.2020 Männer allein für Ruhm und Ehre

Romantiker mit tragischem Schicksal - Kühnheit, Ausdauer und Mut

von: GFDK - Reden ist Silber - Sönke C. Weiss

Der Brite Robert F. Scott und Roald Amundsen aus Norwegen lieferten sich Ende des Jahres 1911 und am Anfang des Jahres 1912 einen Wettlauf zum Südpol. Wer erreichte als Erster den Südpol? Die Entscheidung endete dramatisch.

„Wären wir am Leben geblieben, ich hätte eine Geschichte erzählen müssen von Kühnheit, Ausdauer und vom Mut meiner Gefährten, die das Herz eines jeden Briten gerührt hätte“, schrieb Scott (1868 - 1912) in seinem Polartagebuch, das unter dem Titel „Letzte Fahrt“ in der Edition Erdmann (www.verlagshausroemerweg.de) erschienen ist und den Forscher Scott als Romantiker spiegelt.

„Dichtes Schneegestöber und vom Sturm aufgejagte Schneewehen. Himmel und Erde verschwammen ineinander, nichts war zu sehen. Trotzdem ging es glänzend vorwärts“, heißt es in Amundsens pragmatischen Aufzeichnungen „Die Eroberung des Südpols“, ebenfalls in der Edition Erdmann erhältlich.

Beide Bücher, oder besser gesagt, beide Männer könnten unterschiedlicher nicht sein, obwohl sie das gleiche Ziel vor Augen hatten. Amundsen (1872 - 1928) hatte sich sein Leben lang akribisch auf diese eine Reise vorbereitet und überließ nichts dem Zufall.

Mit Schlitten und insgesamt 116 Hunden bewegten er und sein Team sich übers ewige Eis; Scott dagegen lehnte Hunde als „unbritisch“ ab und verließ sich auf sibirische Ponys und Motorschlitten, was ihm und seinen Männern zum Verhängnis wurde.

Amundsen erreichte schließlich am 14. Dezember 1911 als erster Mensch den Südpol - nach 2.600 Kilometern in 99 Tagen. Als Scott am 17. Januar 1912 eintraf, fand er ein Zelt vor, auf dem die norwegische Flagge wehte.

Auf dem Rückweg kamen er und seine Männer ums Leben und wurden erst im November 1912 von einem Suchtrupp gefunden. Beide Bücher sind außerordentlich spannend.

Das Ausmaß an Enttäuschung spricht indes aus jeder Zeile am Ende von Scotts Tagebuchs, das er in der Tat bis zu seinem letzten Atemzug führte, während Amundsens Expeditionsbericht nur kurz davon entfernt war, in Dutzende Sprachen übersetzt zu werden und ihn zum berühmtesten Abenteurer seiner Zeit machen sollte.

Während seine Aufzeichnungen eher Beobachtungen sind und einen wissenschaftlichen Charakter haben, sein Bericht ist mit rund 180 Seiten nur etwa halb so lang wie der seines Kontrahenten, haben Scotts Darstellungen auch und gerade einen ästhetischen Wert, denn sie zeichnen in eindringlicher Weise die Autobiographie eines Mannes nach, der mit großem Mut und Willenskraft einem tragischen Schicksal trotzt, was ihn bis heute in seiner Heimat, obwohl er versagt hat, zum Helden macht.

Wenngleich sich beide Männer nie persönlich kennengelernt haben, ihre Biografien werden für alle Ewigkeit miteinander verwoben sein.

Beide Tagebücher sind mit Karten, Fotos und Erläuterungen ergänzt worden und kosten je 24 Euro. Sie spiegeln eine Zeit, als viele Teile der Welt noch unbekannt waren und Männer allein für Ruhm und Ehre ihre Leben aufs Spiel setzten. 

Sönke C. Weiss

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