17.05.2017 mit einer originellen Idee berühmt werden

Exklusiv für freundederkuenste.de - Porträt des Monats über DR. RALF HÖCKER von Michaela Boland

von: Michaela Boland

Seine Lexika der Rechtsirrtümer machten ihn zum Star: Über 100 Fernsehauftritte und 850.000 verkaufte Buchexemplare sprechen für sich. Nie zuvor wurde Juristerei auf so populäre Weise alltagstauglich gemacht. In allen wichtigen TV-Produktionen des Deutschen, Österreichischen oder Schweizer Fernsehens waren seine Werke längst Thema.

Doch, wer ist der Mann hinter der gescheiten Idee, juristische Volksmythen auf so amüsante Weise aufzuklären und in bare Münze zu verwandeln? 

Ein paar Antworten im Porträt des Monats über DR. RALF HÖCKER von Michaela Boland  

Er verfügt über einen geschliffenen Ausdruck, perfekte Manieren und immerhin ein solch attraktives Äußeres, dass ihn Heiratsanträge seiner Fans nach TV-Auftritten zuhauf erreichen. Seinen Intellekt hat er bereits in jungen Jahren gewinnbringend und vor allem medienwirksam eingesetzt, denn bisher gelang es wohl noch keinem Juristen, in solch rasantem Tempo und mit einer derart originellen Idee, berühmt zu werden: Dr. Ralf Höcker ist:

DER JURA-MEDIENSTAR!

Irrtümer wie: Innerhalb einer bestimmten Frist könne man von jedem Vertrag ohne Begründung zurücktreten, oder, was man geschenkt bekommt, dürfe man auf jeden Fall behalten, klärt der promovierte Rechtsanwalt in seinen Lexika ebenso auf, wie die unwahre Annahme, dass es den Straftatbestand der Zechprellerei gebe, sowie den Mythos, dass man reduzierte Ware nicht umtauschen könne, wenn sie fehlerhaft ist.

Als Autor zeichnet Höcker für das „Lexikon der Rechtsirrtümer“ (2004), „Neues Lexikon der Rechtsirrtümer“ (2005) sowie „Das dritte Lexikon der Rechtsirrtümer“ (2008) verantwortlich. Außerdem verfasste er die bei Langenscheidt erschienene Pocket- Ausgabe von „ Anwalt-Deutsch/ Deutsch-Anwalt“ (2009), sowie als Co-Autor das „Lexikon der kuriosen Rechtsfälle“ (2007)..  

Eine lichtdurchflutete moderne Kanzlei im Herzen Kölns. Die schicke Adresse am Friesenplatz steht der avantgardistischen und klar strukturierten Einrichtung des Rechtsanwaltsbetriebs in nichts nach. Große, vornehmlich weiß eingerichtete Büroräume mit dann und wann einmal geschickt gesetzten Grünakzenten, bieten insgesamt sechs promovierten Anwältinnen und Anwälten in der renommierten Kanzlei „Höcker Rechtsanwälte“ nicht nur ausreichenden Platz, sondern wohl auch ein äußerst angenehmes Arbeitsklima. Dies ist die Schaffensstätte meines heutigen Gesprächspartners.

Ralf Höcker (38) öffnet mir am Sonntagnachmittag höchstpersönlich die Tür. Der 1,89 m große, mittelblonde Jurist war am Vorabend erst spät zurück nach Köln gekommen, nachdem er in Bayreuth einen Vortrag über sein Fachgebiet, Medienrecht, gehalten hatte.

 Im edlen hellgrauen Hemd, schwarzen Samt Jackett und dunklen Jeans wirkt der Rechtsirrtums-Experte heute wesentlich legerer als man ihn von seinen Fernsehauftritten her kennt. Von seinem luxuriösen Eckbüro im vierten Stock aus hat man einen schönen Blick über die Stadt und den Kölner Dom mittelbar im Visier. 

„Hast Du eine Lebensphilosophie“, beginne ich das Gespräch. Spontan antwortet der gebürtige Kölner überzeugt: „ Man sollte nur tun, was einem Spaß macht.“ Dies scheint Höcker für sich umgesetzt zu haben. Hatte er sich doch bereits bei der Frage nach der Berufswahl nach eigenem Dafürhalten hundertprozentig richtig entschieden.

 Obgleich er sich zunächst kurzfristig auch einmal für Psychologie, Archäologie und ernsthaft, ohne dass Mathe jemals „sein Ding“ gewesen wäre, sogar für ein BWL-Studium interessiert. Dann habe ihn jedoch der gewonnene Einblick ins Studium der Rechtswissenschaften seines alten Freundes, Gregor Tüsing, auf die rechte Idee gebracht. Tüsing ist heute Professor an der Universität Bonn.

 Für Ralf Höcker wurde aber schon im Studium klar, dass für ihn ausschließlich der Anwaltsjob in Frage komme: „Für ein Ziel zu kämpfen, es am Ende zu erreichen und sich mit dem Mandanten darüber zu freuen, das ist, was Spaß macht und immer wieder den Antrieb gibt.“

 Der Umgang mit Sprache war für den Anwalt auch ein Anreiz. Dies mag kaum verwundern, denn der unverheiratete Rechtswissenschaftler ist nicht nur ausgesprochen eloquent und rhetorisch versiert, sondern verfügt auch über eine durchaus angenehm wohlklingende Stimme. Wer ihn so erlebt, wird ihn, mit seinen ebenmäßigen Gesichtszügen, klaren blauen Augen und frech ins immer noch jungenhafte wirkende Gesicht, gekämmten Haaren, einfach sympathisch finden.

Doch so wie er das Kämpferische an seinem Job liebt, so setzt sich Höcker auch für seine Mandantschaft ein, zu der zahlreiche Prominente zählen. Am eigenen Leibe konnte das ein ostdeutscher Bürger im vergangenen Jahr erleben, der Höckers Mandantin Heidi Klum, wider besseres Wissen und ohne Erlaubnis auf einem Werbeplakat für eine von ihm veranstaltete Party abdruckte.

 Dr. Höcker erstritt einen Schadensersatz in mehrstelliger Höhe für das deutsche Top Model, die der verklagte Hartz IV-Emfpänger von Jenny Elvers-Elbertzhagen aus Mitleid zur Verfügung gestellt erhielt. „Schadet es im Allgemeinen grundsätzlich Deinem Image, wenn Du als Rechtsirrtumsexperte, der für viele mit Sicherheit auch als Anwalt gerade für die kleinen Leute wirkt, wenn Du beispielsweise einen ALG II-Empfänger verklagst“, will ich von Höcker wissen.

 „Gar nicht“, erläutert der Jurist, „Meinem Image schadet es nur, wenn ich irgendetwas falsch mache, auch kleine Leute können sich daneben benehmen und Fehler machen und wenn man dann als Anwalt für seinen Mandanten dagegen vorgeht, dafür hat ja eigentlich jeder Verständnis.“  

Ralf Höcker wurde am vierten März 1971 in Köln geboren. Sein Vater arbeitete 40 Jahre als diplomierter Maschinenbauingenieur, bevor er in Rente ging, seine Mutter ist Hausfrau. Der jüngere Bruder verdingt sich als Immobilenmakler. Gerade Höcker Senior ist wahrscheinlich gar nicht mal so unbeteiligt am Faktum, dass Filius Ralf auf die Idee mit den Rechtsirrtümern kam.

 Schon vor langer Zeit stellte Ralf Höcker fest, dass Menschen an sehr viele Dinge glauben, die nichts mit der Realität zu tun haben, die sich aber festsetzen, weil sie immer wiederholt werden. So wollte selbst sein eigener Vater, dem früheren Jura-Studenten in den Anfangssemestern nicht abnehmen, dass der Unterschied zwischen Mord und Totschlag nicht darin zu sehen ist, dass Mord geplant sei und Totschlag im Affekt geschehe, wie viele glauben.

 Vater Höcker jedenfalls wollte dies damals nicht wahrhaben und empfahl seinem Sohn, doch einfach noch ein paar Semester zu studieren. Heute wird der Vater dem Sohne wohl Glauben schenken. Denn der klärte die Bevölkerung in seinen Büchern derart gut über sämtliche juristischen Unwahrheiten auf, dass ein pfiffiger Veranstalter auf die Idee kam, aus Höckers Gedankengut eine Bühnenshow zu konzipieren. In 20 deutschen Städten überzeugte der Anwalt sodann auch noch als Entertainer im Rahmen des komplett ausgelasteten Bühnenprogramms: „Ein§pruch! Die große Rechtsirrtümer-Show“. 

„Wolltest Du schon immer auf die Bühne“, frage ich ihn. „Also mich hat es mit Sicherheit schon immer auf die Bühne gezogen“, erläutert Höcker, „ich bin schon zu Schulzeiten in der Theater AG gewesen, wo ich gemerkt habe, dass mir die Bühne Spaß macht.“ Und so etwas habe man in gewissen Situationen natürlich auch im Gerichtssaal, fügt er trocken hinzu.

 Ob einem bei so viel Erfolg nicht auch zwangsläufig Neid entgegenschlägt? „So direkt sagt es einem natürlich keiner, aber hintenrum bekommt man schon das eine oder andere mit“ erzählt Ralf Höcker. „Es gibt Lästereien, die über drei Ecken angetragen werden, bei denen ich mir vorstellen könnte, dass es Neid ist. Da heißt es, meine Bücher seien schlecht und das kommt besonders häufig von Anwälten, die auch als Buchautoren tätig sind“, konstatiert der überzeugte Kölner.

 Interessant sei daran jedoch, dass Höcker um ein Vielfaches mehr Bücher verkauft habe, als jene “Lästesterschwestern“. Während der Anwalt an seinem Schreibtisch sitzend einen Blick ins Netz auf die Seite freundederkuenste.de werfen möchte, bemerke ich auf dem Wandsteckboard hinter ihm zwei Paar globige Turnschuhe, oberhalb der Mandantenakten dekorativ drapiert.

 „Was hat es damit auf sich“, möchte ich wissen.

"Das sind gefälschte Nikes“, berichtet der Kölner Jurist. In einem Prozess war es darum gegangen, dass die unechten Markenschuhe ohne Kenntnis des Importeurs von der Nichtechtheit hergebracht wurden. „Die Schuhe habe ich mir hier, in Absprache mit der Firma Nike, mal so hingestellt“, sagt Höcker, der damals den Importeur vertreten hatte und fügt hinzu, dass Nike darauf verzichtet habe, dass die beiden Paare vernichtet würden und sie deswegen jetzt hier stehen dürften.  

Auf die Frage, wie es denn mit der eigenen sportlichen Betätigung aussehe, erinnert sich der Jura-Medienstar an vergangene Zeiten: „Ich habe früher mal Sport gemacht, womit ich jetzt mal langsam wieder anfangen sollte, schließlich heißt es, mit 20 kann man Sport machen, mit 30 soll man Sport machen und mit 40 muss man Sport machen“, witzelt Höcker.

 Seine frühere auserkorene Disziplin war Judo: „Ich war kurz vorm braunen Gurt, hatte aber noch blau.“ Diesen Sport könnte er sich auch mal wieder vorstellen, wenngleich er auch vor nicht allzu langer Zeit erst unter Beweis stellen konnte, dass er seine frühere Grifftechnik nach wie vor drauf hat: Bei einem Bar-Besuch mit einem Freund stieß Höcker auf einen Jackendieb, der es auf das Kleidungsstück seines Freundes abgesehen hatte. „Den habe ich bemerkt und dann hat er da herum randaliert.

 Da nahm ich ihn in den Haltegriff und habe gewartet bis die Polizei da war.“ Held Höcker findet, dass gerade das Schöne an dieser Sportart sei, dass sie nicht brutal, sondern nur dazu geeignet scheint, den Gegner kampfunfähig zu machen ohne ihn zu verletzten. Ob er dieses Motto auch seinen Studenten vermittelt? In jedem Fall scheint er riesig bei ihnen anzukommen.

 Seit September 2008 lehrt der Jurist nämlich auch an der Cologne Business School Fächer wie Medienrecht oder internationales Privat- oder Handelsrecht. Von seinen Studenten hat Höcker einen kleinen silbernen Pokal mit der Aufschrift: „Lecturer of the year“ geschenkt bekommen, welcher jetzt ebenfalls auf dem Regal hinter seinem Schreibtisch Platz gefunden hat.  

In seiner eigenen Ausbildung hat Höcker, der nach dem deutschen Jura-Studium und der Promotion zum Dr. iur. auch noch ein Studium in London in Interlectual Property Law absolvierte und den LL.M (Master of Laws) erwarb, auch unterschiedliche Stagen in großen internationalen Anwaltssozietäten durchlaufen, bevor er sich später selbständig machte .

Du warst bei Willoughby & Partner in London sowie bei der ebenso international renommierten Kanzlei Linklaters, Oppenhoff & Rädler tätig. „Was hast Du aus dieser Zeit mitgenommen“, möchte ich wissen.

 „Vor allem zwei Mandanten“ erwidert Höcker, “Sonst hätte ich das nämlich nicht gemacht mit der Selbständigkeit. Ansonsten habe ich natürlich viel gelernt. In solchen Großkanzleien erhält man Schliff. Man lernt einfach den Anspruch, dass jeder Schriftsatz, der herausgeht, perfekt sein muss. Man hatte ja Chefs, die hoch spezialisiert waren und jede Entscheidung auswendig kannten.

 Wenn man da mal kleine Fehler gemacht und nicht gründlich genug recherchiert hat, hat man das aber sehr deutlich zu spüren bekommen.“ Die vernünftige Arbeitseinstellung praktiziere er „zur Freude“ seiner Kollegen nun auch in seinem Betrieb. Dort beginnt sein Arbeitsalltag zwar vormittags erst zwischen 10. 00 oder 11.00 Uhr, endet dafür aber auch nicht von 22.00 oder 23.00 Uhr am späten Abend.

 Zum Leben nutzt der in einer Beziehung lebende Höcker, der sich selbst als „ehrgeizig“, „umtriebig“ und mit Sicherheit „als Macher“ bezeichnet, dann das Wochenende. Doch zu 90 Prozent sei er in der Kanzlei tätig, die Unternehmen und Prominente im Medien- und Markenrecht vertritt. Alle anderen Aktivitäten, wie Vorlesungen, Managerseminare und Auftritte integriere er in den Kanzleialltag.  

Auftritte wird es in Zukunft noch jede Menge geben. Nach der erfolgreichen Pilotierung eines TV-Formates auf Grundlage seiner Rechtsirrtümer-Bücher im Juni dieses Jahres wird „RTL jetzt wohl auch im Frühjahr eine Staffel mit sechs neuen Folgen Einspruch – die Show der Rechtsirrtümer senden“, verrät der Anwalt, der die Show gemeinsam mit einer Moderatorin präsentieren wird.

 Es läuft also alles Rund, für den Mann der früher einmal, die Farbe Rot und die Zahl Sieben zu seinen Glücksbringern erkoren hatte. Dass sich das Thema Rechtsirrtümer in allzu naher Zukunft einmal auslaufen könnte, glaubt der Anwalt, dessen Herz nicht sonderlich an Sachen hängt und der etwas ruhelos alle zwei Jahre umzieht, nicht: „ Die Rechtsirrtümer sind ja nur ein Vehikel, um juristische Themen anzusprechen.

 Ich selber kann mir schon nicht alles merken, was ich geschrieben habe und lese mitunter in meinen eigenen Büchern. Wie soll sich ein Normalverbraucher da alles auf einmal merken? Das heißt, das, was ich erzähle hat eine Halbwertszeit von vielleicht einem Jahr, dann haben es die meisten wieder vergessen und dann kann man es den Leuten wieder neu in Erinnerung rufen.

Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, auf die neue Show und darauf, was sich der pfiffige Anwalt aus Köln in Zukunft noch so alles einfallen lassen wird, um den Menschen das für Laien oft unverständliche Recht auf so ausgefallene witzige Weise ein Stückchen näher zu bringen.

links:

http://www.hoecker.eu/

http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_H%C3%B6cker