07.08.2017 Seine Fans sind ihm wichtig

DAN REED IS BACK – MICHAELA BOLAND SPRACH für freundederkuenste.de MIT DEM CHARISMATISCHEN SÄNGER

von: GFDK - Michaela Boland

2010 hat Michaela Boland für die GFDK den US-amerikanischen Musiker und Schauspieler Dan Reed gesprochen.

Seine Fans sind ihm wichtig. Nach jedem einzelnen Konzert nimmt er sich ausreichend Zeit für sie, macht Fotos, schreibt Autogramme und beantwortet jede Frage. Er ist ein Star zum Anfassen und das schon seit einer ziemlich langen Zeit.

Die folkigen Balladen rühren an. Zum Teil still und grüblerisch, aber immer voller Gefühl singt Dan Reed sich in die Herzen seiner Hörerschaft. Der smarte Sänger aus Portland/ Oregon mit deutschen, indianischen und philippinischen Wurzeln, der derzeit durch Europa tourt und sein neues Album „Coming up for air“ vorstellt, macht Eindruck.

Im schlichten Langarmsweatshirt und mit Jeans bekleidet, überzeugt der 47-Jährige nicht nur durch Natürlichkeit und Authentizität auf der Bühne, sondern lässt das Publikum auch musikalisch gekonnt in seine Gedankenwelt eintauchen.

Die selbstverfassten Texte des reflektierten Sängers handeln von Ungerechtigkeiten dieser Welt, von Hoffnung und Zuversicht, aber auch von der Sehnsucht nach der Liebsten.

Kaum zu glauben, dass Reed, der Ende der 80er Jahre als „next big thing“ gehandelt wurde, mit seiner damaligen Band „Dan Reed Network“ eigentlich geradezu sinnbildhaft für Funk und harten Rock stand und in Deutschland durch die 1987 veröffentlichten Hits „Get to you“ und „Ritual“ bekannt wurde.

Nicht nur äußerlich stark verändert, die lange Heavy-Metal-Lockenpracht wich einem Kahlschlag, trat der Mann, der ein Jahr lang abendliche Architekturkurse besuchte, um Häuser nach seiner Facon zu bauen, jetzt zur Freude seiner Fans endlich auch wieder einmal in deutschen Städten auf.

Nach Gigs in München und Unna habe ich Dank seines Hamburger Freundes, dem Musiker Attila Kormanyos, Gelegenheit, den sympathischen Star zu interviewen, bevor es schon bald weiter nach Bad Friedrichshall und Wien geht. 

Michaela Boland:

Dan, du bist der Liebe wegen nach Paris gezogen. Sprichst du eigentlich Französisch?

Dan Reed:

Nein, ich habe lediglich ein kleines Bisschen gelernt, aber nicht wirklich viel. Sprichst du?

Michaela Boland:

Ein Bisschen.

Dan Reed:

Das ist bestimmt besser als mein Deutsch.

Michaela Boland:

Du sollst deutsche Vorfahren haben. Entspricht das der Wahrheit?

Dan Reed:

Das ist richtig. Meine leibliche Mutter war zur Hälfte Deutsch.

Michaela Boland:

Wie weit reichen insofern deine Deutschkenntnisse?

Dan Reed:

Ich spreche leider kaum Deutsch. Ich verbringe bedauerlicherweise nicht genug Zeit in Deutschland und ich bin auch nicht bei meiner Mutter aufgewachsen, da ich nach der Geburt adoptiert wurde.

Michaela Boland:

Du bist noch ein wenig auf den Bühnen im deutschsprachigen Raum unterwegs und hast hoffentlich Gelegenheit, noch das eine oder andere Wort aufzuschnappen. Kannst du eigentlich in einem Satz beschreiben, was es für dich bedeutet, auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen?

Dan Reed:

Ich glaube, es ist einfach dieses Gefühl, entweder eine Verbindung zu einem Thema ,dem Publikum oder auch zu einer Melodie aufzubauen, so dass man einfach den Eindruck gewinnt, eine Einheit mit dem zu bilden, was einen auch immer gerade umgibt.

Michaela Boland:

Erinnerst du dich noch an den Moment, an dem für dich klar war, dass Musik deine Leidenschaft ist, die du zum Beruf machen willst?

Dan Reed:

Hm, ich denke, dass muss irgendwie in der Kirche seinen Ursprung genommen haben als ich noch recht jung war. Dort habe ich im Chor gesungen und dann habe ich von meiner Tante das Orgelspielen erlernt. Anschließend im Alter von 12 oder 13 Jahren, begann ich dann damit, in der Kirche selbst Orgel zu spielen.

Außerdem habe ich zur gleichen Zeit auch noch Trompete in der Schule gespielt. Das war sozusagen meine erste Einführung in die Musik. Zwar wollte ich schon da immer Rock `n Roll spielen als irgendjemand eine Platte von Van Halen mit dem Titel „running with the devil“ mitgebracht hatte. Ich wurde also sozusagen durch sie „ruiniert“ (lacht).

Michaela Boland:

Spielst du denn zwischendurch auch heute noch Trompete? Man kennt dich ja eher mit Gitarre in der Hand.

Dan Reed:

Nein, eigentlich nicht. Allerdings hatten wir mal auf dem ersten Album von Dan Reed Network einige Blasinstrument-Parts. Und da habe ich, aber mehr oder weniger just for fun, einige kleine Hintergrundstrecken übernommen, in denen Hörner gespielt werden mussten.

Und dann habe ich auch einmal für eine tägliche Fernsehshow in Portland/ Oregon, versucht, an Weihnachten Trompete zu spielen. Das war ein christliches Lied und es war ein riesen Fehler (lacht).

Michaela Boland:

Wie oft warst du eigentlich schon in Deutschland?

Dan Reed:

Damals in 1989 und 1990 sind wir bereits durch verschiedene Clubs getourt. Und jetzt war ich schon zwei mal als Solokünstler in Deutschland. Im vergangenen Jahr und eben jetzt.

Michaela Boland:

Was magst du am meisten an diesem Land und seinen Menschen?

Dan Reed:

Oh, ich denke, Deutschland ist eines der am besten durchorganisierten Länder. Ich mag die Art sehr, wie in Deutschland ökonomisch gedacht und gehandelt wird. Schon allein, wenn ich an den Flughäfen beobachte, wie die Rolltreppen sich erst dann in Bewegung setzten, wenn man mit den Füßen auf ihnen steht. Das ist einfach sehr effizient und ich glaube, dass die Menschen durchaus sehr respektvoll mit ihrer Umgebung umgehen.

Michaela Boland:

Das heißt, diese Sache mit den Rolltreppen bist du aus den USA nicht gewohnt?

Dan Reed:

Nein, keineswegs. In Amerika lieben wir es, Energie zu verschwenden. Wir mögen es, wenn unsere Rolltreppen einfach die ganze Zeit über an sind. Das ist wirklich dumm.

Michaela Boland:

Du hast Musik an der Northern State University in Aberdeen studiert. Wie bedeutsam ist so ein Studium nach deinem Dafürhalten grundsätzlich für eine Musikkarriere?

Dan Reed:

Ich glaube, es gibt da keinen fest vorgeschriebenen Weg. Ich habe Musiker kennen gelernt, die haben sich schon in der Schule dem Musikstudium gewidmet und beispielsweise im Gitarrenspiel Zertifikate erworben und dennoch hatten sie es schwer, innerhalb der Musik Karriere zu machen.

Und dann gibt es auch wiederum solche Leute, die frustriert sind, weil sie einfach nicht genug Unterricht hatten, aber aufschreiben und aufnehmen können, was sie in ihrem Kopf hören, jedoch dann am Ende über nicht genug Wissen verfügen, um das ganze überhaupt ausarbeiten zu können.

Ich glaube, es gibt beide Pfade. Musiker wie Mick Jagger oder Bruce Springsteen. Sie wissen vielleicht nichts über Musiktheorie, aber sie sind großartige Songschreiber.

Auf der anderen Seite gab es eben auch jemanden wie Mozart, der sowohl in der Theorie als auch in der praktischen Umsetzung einfach einzigartig war und großartige Werke geschrieben hat. Letztendlich lässt sich wohl sagen, dass beides richtige Herangehensweisen sein können.

Michaela Boland:

Man kann also zumindest sagen, dass es keinen Nachteil darstellt, das Fach studiert zu haben, auch wenn man die Richtung Funk, Hard Rock oder Metal anstrebt?

Dan Reed:

Keineswegs. Ich kannte mal einen Piano-Spieler, der wie ein Irrer all die klassischen Stücke übte. Er war derart bewandert in klassischer Musik, aber konnte selbst einfach kein Stück hervorbringen, dass derart stark oder bewegend hätte sein können, wie das, was er zu spielen gelernt hatte. Es darf nicht zur Geißel werden.

Michaela Boland:

Nun hast du gerade Mozart erwähnt, hörst du dir auch schon mal klassische Musik an?

Dan Reed:

Vor ungefähr 20 Jahren habe ich mir regelmäßig jede Menge klassische Musik angehört, gerade wenn ich in meinem Auto unterwegs und ein wenig müde war. Aber genauso hörte ich mir schon mal Stücke von Frank Sinatra an, sowie Stück aus den Vierziger und Fünfziger Jahren. Doch jetzt habe ich all das schon eine ganze Weile nicht mehr gehört, aber ich würde jedem Musiker raten, sich all diese Dinge einmal anzuhören.

Michaela Boland:

Das Dan-Reed-Network-Projekt, mit welchem du ja zeitweilig sehr erfolgreich warst, ist schon eine ganze Weile vorüber. 1993 habt ihr euch nach mehreren Alben aufgelöst. Nachdem es zahlreiche Bands gibt, die schon mal ein Revival feierten, gibt es bei Euch womöglich auch die Chance auf ein Comeback?  

Dan Reed:

Nein, die Sache mit solchen Reunion-Tours und derartigen Dingen, ist ja immer, dass du eine Art Cover-Band deines eigenen Materials wirst. Bei so etwas haben die Menschen ja auch eine bestimmte Erwartungshaltung, dass man diese und jene Songs spielt, dass wir so und so laufen oder beispielsweise genau so und so die Rollenverteilung ist.

Da gibt es einfach eine zu große Gefahr, eine Parodie von sich selbst zu werden. Ich genieße augenblicklich einfach sehr das, was ich gerade tue.

Die Zusammenarbeit mit Musikern, mit denen man einfach ganz wundervoll zusammen spielen kann.. Es ist ja auch eine ganz andere Richtung als das, was wir mit dem Network gemacht haben oder mit dem Network jemals gespielt hätten.

Michaela Boland:

Hast du denn noch Kontakt zu den alten Bandkollegen vom Network?

Dan Red:

Oh ja, ich habe zu allen Kontakt und das ist schön.

Michaela Boland:

Zeitweise war in Kritiken über dein neues Album „Coming back for air“ zu lesen, dass man dort vergeblich nach Funk und Hardrock-Elementen sucht, stattdessen jedoch jede Menge gefühlvolle Sequenzen und Folkmusikparts vorfindet. Mit Sicherheit gibt es noch Fans aus der „Network-Ära“. Vermissen diese womöglich den etwas härteren Stil der vergangenen Tage?

Dan Reed:

Ja, ich hatte manchmal schon den Eindruck, dass manche Leute sich nach jenen Musikelementen zurückgesehnt haben.. Aber die meiste Zeit bekomme ich sehr positives Feedback. Weil jeder, der vor 20 Jahren das Network gehört hat, ist jetzt auch 20 Jahre älter geworden und somit sind wir ja quasi so etwas wie gemeinsam erwachsen geworden, was toll ist.

Michaela Boland:

Selbst wenn man dich nicht aus der früheren Dan Reed Network-Zeit kennt, ist, gerade wenn man Auftritte von früher mit heutigen auf Youtube vergleicht, auffällig, dass du einen ganz deutlichen Wandel durchlaufen haben musst. Damit meine ich nicht nur dein äußeres Erscheinungsbild, sondern deine komplette Anmutung erscheint wie ausgewechselt.. Was ist da geschehen?

Dan Reed:

Wow, das Leben, weißt du. Man geht eben durch diese Hochs und Tiefs. Ich habe in den letzten sechs Jahren beide Elternteile verloren.

Michaela Boland:

Das tut mir sehr leid.

Dan Reed:

Außerdem habe ich nach dem Network eine sehr düstere Zeitspanne durchlaufen, die von Drogen und Alkoholmissbrauch geprägt war. Ich verlor wirklich meinen Geist, meinen Antrieb, meine Richtung und in gewisser Weise auch meine Seele.

Dann folgte eine Periode des bloßen Reisens. Ich ging nach Indien und in den mittleren Osten um irgendwie einen Grund für mich zu finden, wieder Musik zu machen.

Als ich zurückkam, empfand ich eine weitaus größere Würdigung dafür, vor Menschen Musik spielen zu dürfen, ihnen ein wenig Freude in ihrem Alltag zu verschaffen, oder sie von ihrem Stress zu entspannen oder was immer es auch ist. Ich habe in jedem Fall wieder eine viel größere Wertschätzung für all dies empfunden.

Michaela Boland:

Und hast du auch in dieser Zeit deine Haare abrasiert? Als ich bei der Recherche älteres Fotomaterial von Dir mit jener Löwenmähne sah, konnte ich beinahe nicht glauben, dass du das gewesen sein sollst.

Dan Reed:

Also das erste Mal habe ich das schon 1990 gemacht, eine Woche vor der Rolling Stones Tour. Dann habe ich sie wieder etwas wachsen lassen als ich in Portland geschauspielert habe von 1992 bis 1994. Und nachdem ich mich dazu entschlossen hatte, das Schauspiel erst mal nicht weiter zu betreiben, habe ich sie wieder abrasiert. 

Michaela Boland:

Beides sieht ja nicht übel aus.

Dan Reed:

Vielen Dank.

Michaela Boland:

Bedauerlicherweise stürzen und stürzten Rock-und Popstars relativ häufig in die Alkohol- und Drogenfalle. Was ist deiner Meinung nach die große Gefahr hierfür in dieser Branche? 

Dan Reed:

Nun, ich glaube bei mir war es einfach so, dass ich eigentlich nicht so sehr da hinein gerutscht bin, als ich in der Band war. Diese Dinge waren ja die ganze Zeit während meiner Zeit im Network um mich herum. Es ist natürlich nicht ohne, jeden Abend lange auf der Bühne zu stehen und am nächsten Tag dann wieder zu singen, aber da habe ich gar nichts angerührt.

Aber dann im Nachtclub (Anm. d. Red.: Dan Reed kaufte sich 1999 in den Blues- und Rockclub Key Largo in Portland ein, den er in einen Hybridclub umwandelte und in dem von 21 Uhr bis Mitternacht Livebands spielten und in dem sich von Null bis vier Uhr DJ`s austoben durften).

Von da an war ich noch wesentlich mehr ins Partygeschehen involviert, deshalb wurde das zur Gefahr. Das heißt jetzt ist die Herausforderung, alles irgendwie in Ballance zu halten. Ich versuche, einfach beizubehalten, ausreichend Schlaf zu bekommen, wenn ich am nächsten Tag singe.

Es ist wirklich eine Frage der richtigen Ausgewogenheit, ob man das Leben feiern möchte oder wie ein Mönch zwischen dem Leben zu sein. Ich halte es für schwierig, ausschließlich das eine oder das andere zu vollziehen. Das eine kann dich entspannen, das andere kann dich erleuchten. Daher versuche ich, ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden zu finden 

Michaela Boland:

Du sollst ja auch mit Mönchen zusammen gelebt haben. Wie hat dich das konkret beeinflusst?

Dan Reed:

Es war zunächst mal ein richtiggehender Schock bezüglich des Systems. Wenn du dich mit einer Gruppe von Menschen aufhältst, die sich den ganzen Tag auf Meditation und darauf, ihre Mitte zu finden, konzentrieren, um einen Weg zu finden, ein wenig anteilnehmender zu sein, bei jedwedem Schritt, den sie unternehmen. Also sowohl bei jedem rein physikalischen als auch jedem mentalen Schritt.

Ich hoffe natürlich, dass das in gewisser Formein reger Fluss ist. Nach der Eingewöhnungsphase war es dann jedoch zeitweilig sogar schwer, mir vorzustellen, jemals noch einmal etwas anderes zu tun für den Rest meines Lebens.

Aber dann realisierte ich schließlich, dass wenn ich Musik spielen wollte und umhertouren, dann würde ich eben nicht in einem Kloster leben können. Ich dachte einfach auch darüber nach, dass es schön sein würde, eines Tages eine Familie zu haben, das waren somit die Dinge, die mich dazu gebracht haben, das Kloster zu verlassen.

Aber es war ein großes Geschenk, all diese wunderbaren Seelen um mich herum zu haben, die mich lehrten, das Leben wieder zu schätzen und wie man zwischen dem Leben lebt. Das war immer bedeutsam.

Michaela Boland:

Kannst du es empfehlen, einmal eine solche Erfahrung im Kloster zu machen?

Dan Reed:

Oh ja. Ich denke, jeder sollte einfach einmal herumreisen und andere Kulturen kennen lernen. Zum Beispiel einmal nach Israel fahren und ein wenig mit der jüdischen Kultur herumhängen oder wenn du in den mittleren Osten reist und auf der palästinensischen Seite einfach auch mal mit jener Kultur abhängst. Je mehr unterschiedliche Gruppen du kennen lernst, desto mehr Werte kannst du daraus gewinnen.

Michaela Boland:

In einem Interview vor knapp einem Jahr hast du geäußert, dass du jetzt gerne eine Familie gründen würdest. Warst du in dieser Hinsicht schon erfolgreich, gibt es das schon von Fortschritten zu berichten?

Dan Reed:

(Lacht) Nein, bisher noch nicht .

Michaela Boland:

Du arbeitest aber noch daran?

Dan Reed:

Absolut.

Michaela Boland:

In deinen Lyrics auf deinem neuen Album „Coming up for air“ befasst du dich auch mit Themen wie Missständen und Ungerechtigkeit in der Welt. Da gibt es beispielsweise einen Song mit dem Titel „Dictator“.

Das dazugehörige Video ist eng mit dem legendären US-Spielfilm von Charles Chaplin aus 1940, „ Der große Diktator“ ,der eine Satire auf Adolf Hitler und den deutschen Nationalsozialismus darstellt, verknüpft.

Hast du den Eindruck gewonnen, dass Stücke wie dieses, die zum Denken anregen sollen, womöglich schon zu irgendwelchen Effekten in den Köpfen der Zuhörer geführt haben? Bemerkst du, ob da Denkprozesse in Gang gesetzt werden?

Dan Reed:

Das weiß ich nicht. Wenn ich einen Song schreibe, dann frage ich mich selbst, wie er mich empfinden lässt. Wenn er mich dazu inspiriert, mehr in diese Richtung zu denken, dann bin ich mit einem solchen Song zufrieden. Und ich bekomme auch jede Menge Feedback.

Da sind zum Beispiel gerade bei „Dictator“ Hunderte von Kommentaren von Leuten gekommen, die das Video gesehen haben. Es inspiriert sie, just in dem Moment, da sie es sehen. Ich denke am Ende des Tages zählt, wie du dein Leben lebst und wie du andere Menschen behandelst.

Deshalb glaube ich, dass jede Form von Musik, die dich dazu veranlasst, einfach ein wenig tiefgründiger zu denken und Mitgefühl als eine Art positive Gewalt zu sehen, doch schon etwas gebracht hat, so hoffe ich zumindest.

Michaela Boland:

Hast du eigentlich irgendwelche Vorbilder im Sinne eines Idols?

Dan Reed:

Mein Hauptidol ist Bruce Lee. Seine Geschicklichkeit, sein Antrieb waren schon immer etwas, das ich bewundert habe. Aber auch Elvis Presley und Alice Cooper. Allerdings auch Gandhi und den Dalai Lama. Menschen, die ihr Leben dem Zweck widmen, etwas zu verändern.

Michaela Boland:

In einem Interview mit der deutschen Sängerin Joana Zimmer, die Gandhi ebenfalls als ihr Vorbild beschrieb, erklärte mir die Künstlerin, dass Gandhi „sozusagen sexbesessen“ gewesen sein soll. Weißt du etwas darüber?

Dan Reed:

Nein, ich würde sagen, dass dies wohl das ist, was man als Gerücht bezeichnen könnte.(lacht) Also, ich habe all seine Schriften gelesen, war mehrfach in Indien und habe Menschen getroffen, die ihn kannten. Aber das höre ich jetzt zum ersten Mal.

Michaela Boland:

Wie gehst du beim eigentlich Songschreiben vor? Wartest du, bis die Muse dich küsst oder kannst du dich auch auf Kommando hinsetzten und ein neues Stück runterschreiben?

Dan Reed:

Als Musiker sollte man dazu in der Lage sein, beides zu können. Wenn jemand auf dich zukommt und dich fragt, „kannst du mir einen Song mit dem und dem Titel schreiben, aber ich brauche ihn schon bis morgen“, kann man das natürlich schaffen.

Bei mir war es zum Beispiel bei „ coming up for air“, dem Stück, das ich in Indien geschrieben habe, ein richtiger Schreibprozess. Es dauerte anderthalb Jahre es zu schreiben, ein weiteres Jahr für die Aufnahmen und ein weiteres, um es der Öffentlichkeit vorzustellen.

Für das nächste Album, das wir im Januar aufnehmen werden, war ich einige Wochen oben in Schweden in einem kleinen Haus und schrieb zehn Songs. Also ich habe mich eigentlich nur hingesetzt, mir überlegt, was ich ausdrücken wollte und geschrieben.

Also man muss irgendeine Richtung haben, eine Absicht, worum es auf dem Album gehen soll,. Solange die Intention von deinem Herzen kommt, glaube ich, dass die Menschen das hören können.

Michaela Boland:

Hast du auch etwas in Paris geschrieben?

Dan Reed:

Ich finde es sehr schwierig, dort zu schreiben, weil es in Paris all zu viel Energie gibt.

Michaela Boland:

Wohnt ihr denn mitten in Paris, in einem der Arrondisments oder ein wenig außerhalb?

Dan Reed:

Jetzt wohne ich gar nicht mehr dort. Wir habe unsere Zelte mittlerweile abgebrochen. Ich bin derzeit wohl ein bisschen so was wie heimatlos. Ich denke gerade darüber nach, vielleicht nach Schweden zu ziehen, aber ich bin mir noch nicht sicher.

Michaela Boland:

Warum kommst du nicht nach Deutschland? Wir haben hier ganz coole Rolltreppen.

Dan Reed:

(lacht). Danke für die Einladung.

Michaela Boland:

Was tust du überhaupt in deiner Freizeit?

Dan Reed:

Am liebsten schreibe ich. Zum Beispiel Stücke. Ich arbeite gerade an einem Stück über die Dan Reed Network Zeit und die Club-Drogen-Zeit, der anschließenden Reise nach Indien und später in den mittleren Osten und wie der Weg dann zurück zur Musik führte.

Allerdings ist all das nicht so sehr wie eine Biografie geschrieben, sondern völlig anders. Also daran arbeite ich gerade. Außerdem fahre ich sehr gerne Rad und liebe es, Filme anzuschauen.

Michaela Boland:

Was für Filme siehst du dir gerne an?

Dan Reed:

Im Prinzip alles. Ich bin allerdings besonders Fan des Science Fiction Genres. Die „Herr der Ringe“ Trilogie oder auch diesen kompletten „Harry Potter“- Stoff. Mein allerliebster Film auf der Welt ist „Blade Runner“. Außerdem Sachen von Ridley Scott, ich mag futuristischen oder apokalyptischen Stoff.

Michaela Boland:

Gibt es für das Stück, an dem du gerade schreibst, bereits konkrete Pläne für eine Bühnenaufführung oder eine Verfilmung?

Dan Reed:

Ich weiß es noch nicht. Derzeit habe ich einige Skripts in der Schublade, daher arbeite ich erst mal weiter und wir werden sehen, was die Zeit bringt. Innerhalb des nächsten Jahres werden diese Skripts erst einmal angeboten werden und dann wird sich zeigen, ob sich Leute finden, die Interesse daran hätten, das eine oder andere zu produzieren. 

Michaela Boland:

Du hast früher in Portland Schauspielunterricht genommen und ja auch selbst, wie du schon erwähntest, als Schauspieler gearbeitet. Wie stehen denn die Chancen, dass du auch deine Schauspielkarriere fortsetzt? 

Dan Reed:

Wenn jemand mich besetzen möchte und es sich dann auch für mich richtig anfühlen würde, wäre ich womöglich daran interessiert. Allerdings möchte ich mich augenblicklich auf jeden Fall darauf konzentrieren, sicherzustellen, dass meine Songs und die Tour mit ganzem Herzen bei der Sache durchgeführt werden.

Michaela Boland:

Bei gleich mehreren unterschiedlichen künstlerischen Talenten hätte aus dir nicht zwingend ein Musiker und Sänger werden müssen. Wäre auch noch etwas anderes in Betracht gekommen? 

Dan Reed:

Wahrscheinlich wäre ich Architekt geworden, denn ich liebe es, Gebäude zu zeichnen und zu designen.

Michaela Boland:

Hattest du insoweit auch mal Gelegenheit, dir La Sagrada Familia in Barcelona anzuschauen und wenn ja, sagt dir der neukatalanische Stil zu?

Dan Reed:

La Sagrada Familia ist eines meiner Lieblingsgebäude auf der ganzen Welt.

Michaela Boland:

Wie sieht es mit bildender Kunst aus? Interessierst du dich auch dafür?

Dan Reed:

Du meinst Bilder? Oh ja, sehr. Ganz besonders in Paris gibt es ja da jede Menge zu sehen. Ich mag die Werke von Claude Monet ausgesprochen gerne.

Michaela Boland:

Eure Tour führt euch jetzt noch nach Österreich, England und Frankreich. Wie wirst du zwischendurch das Weihnachtsfest verbringen?

Dan Reed:

An Weihnachten spiele ich eine Weihnachtsshow in Schweden.

Michaela Boland:

Du scheinst verhältnismäßig häufig in Schweden zu sein. Gibt es eine besondere Verbindung dorthin?

Dan Reed:

Die Schweden mögen meine Musik und ich mag natürlich, dass sie meine Musik mögen. Das ist sozusagen die Beziehung hierzu.

Michaela Boland:

Dann hast du ja besonderen Grund zur Freude, schon bald wieder dort sein zu können.. Hiefür, sowie für die komplette weitere Tour und das neue Album „Coming up for air“ wünschen wir dir alles Gute und weiterhin so viel Erfolg. Ein schönes Weihnachtsfest und ganz herzlichen Dank für dieses Interview. 

Infos unter:

www.danreed.com

Michaela Boland ist Journalistin und TV-Moderatorin. Bekannt wurde sie als Gastgeberin der Sommer-Unterhaltungsshow „HOLLYMÜND“ des Westdeutschen Rundfunks Köln. Seit 1988 schrieb sie für die Rheinische Post, unterschiedliche Publikationen der WAZ-Gruppe Essen, Bayer direkt und Kommunalpolitische Blätter.

Außerdem präsentierte sie die ARD-Vorabendshow „STUDIO EINS“ und arbeitete als On-Reporterin für das Regionalmagazin „Guten Abend RTL“. Auf 3-Sat, dem internationalen Kulturprogramm von ARD, ZDF, ORF und SRG, moderierte sie die Kulturtalkshow „Doppelkopf“, sowie für TV NRW, die Casino

Show „Casinolife“ aus Dortmund-Hohensyburg. Michaela Boland arbeitet auch als Veranstaltungsmoderatorin und Synchron- sowie Hörspielsprecherin.

Für die Gesellschaft Freunde der Künste moderiert sie den Kaiserswerther Kunstpreis sowie alle grossen Kulturveranstaltungen der Gesellschaft.

Seit Mitte 2009 ist sie verantwortlich für die Ressorts:

Exklusivinterview und

Porträt des Monats

© Michaela Boland und Gesellschaft Freunde der Künste